Herr Falschgold
Willkommen bei Ihrem C! D! F!
Ein Mini-Verriss
Ok, diese Anspielung verstehen nur die ganz Alten, aber paradoxerweise die im Tal der Ahnungslosen, in dem der diesjährige CDF-Wahn seinen krönenden Abschluss findet, gar nicht. Dabei findet die Belanglosigkeit der Schlagerhitparade des Zweiten Deutschen Westfernsehens doch ihre perfekte Entsprechung in den Werken des Romantikers Caspar David Friedrich!
Wer sich die Ausstellung im Dresdner Albertinum anschaut, findet im Hermann-Glöckner-Raum auf der linken Seite eine überdichte Hängung von Malereien der Romantik. CDF hatte sich über die viel zu dichte Hängung in den Dresdner Galerien beschwert, so steht es daneben geschrieben. Weshalb man das hier nachbaut. Durchaus mein Humor. Was diese Schauwand zeigt: wie belanglos die Romantik war. Beliebige und künstlerisch belanglose Bilder von reichen Menschen, die sich das Auftragswerk leisten konnten, zwischen mediokren Landschaftsbildern und nationalistischem Kitsch.
Gegenüber dann hängen in thematischen Nischen die Knaller vom CDF neben den Werken, die den Caspar “inspiriert” haben, Wink-Wink. Haben wir das Gefühl, dass die Kuratorinnen nicht die größten Fans vom David sind? Auf den Säulen geben sie sich aber auftragsgemäß die größte Mühe, dem komplett unpolitischen Maler mit dem tollen Licht, einen Hauch von Tiefe zu geben. Die Hosen der beiden Männer, die den Mond betrachten verdeutlichen des CDF Ablehnung des Feudalismus. Abso-fucking-lutely! Sieht jeder!
Ansonsten: Licht, Licht, Licht, und das war ja des Caspar sein Shtik, und ist so schön anzusehen wie ein gutes Computerspiel. Dazu Menschen von hinten und keiner getraut sich zu sagen, dass das vielleicht daran liegen könnte, dass hier jemand einfach keine Gesichter malen konnte.
Das einzige Werk mit Tiefgang hängt dann zwar prominent, aber keiner erklärt, warum unten die Freimaurer gechannelt werden und oben Game of Thrones?! Eine vertane Chance!
Was für eine Zeitverschwendung, diese Ausstellung für Lederhosenträger, nur weil nach einem eine Straße benannt ist und er einen runden Geburtstag hat. Wenn das so weitergeht, freue ich mich auf den Ausstellungsmarathon “Jordan & Timaeus” von 2041 - 2044, da gibt’s dann wenigstens drei Jahre lang Schokolade!
Irmgard Lumpini
Herr Falschgold tut, was er tun muss: er macht Witze, und ja, er mag auch etwas Recht haben. Ansonsten sollte man unbedingt in die Ausstellung gehen, und sei es auch nur für ein einziges Werk. Welches das ist, kann jede*r für sich selbst herausfinden. Für mich ist es ganz klar “Das große Gehege bei Dresden”, und auch wenn die Staatlichen Kunstsammlungen dieses Werk ohne Ende reproduzieren - es ist z. B. dieses Jahr das Motiv der Jahreskarte - im Original ist es absolutet sensationell. Wenn C-D-F, wie wir ihn in unseren Breitengraden liebevoll nennen, sich auf das konzentriert, was er außergewöhnlich gut konnte, nämlich das Licht, und es nicht gerade Herbst oder Winter auf seinen Werken ist, dann kommt da sowas raus.
Bis heute ist das ja DAS eine große Argument für das Betrachten von Originalen: eine digitale oder physische Kopie (z. B. in einem Lehrbuch) reicht nie heran. Hier gibt es seit einigen Jahren große Bestrebungen, und als Bewohnerin unserer kleinen Stadt ist es ganz fantastisch, einen virtuellen Rundgang durch das Guggenheim oder wo auch immer man in Gedanken hinreisen möchte zu unternehmen, aber egal wie viele Bücher mit den Werken Yves Kleins gedruckt werden, es kann den Blick auf ein Original nicht ersetzen.
Interessant ist die Entwicklung der didaktischen Aufbereitung von Ausstellungsinhalten: stand da im letzten Jahrhundert lediglich Titel, Künstler*in und vielleicht noch die Technik, wird dies heutzutage mehr in Kontext gesetzt, die Besucherin wird auf Hintergründe hingewiesen, auf Details. Da wurde diesmal aber ganz schön mäandert und auch Sinn gefunden, wo vielleicht keiner ist (oder zumindest sehr gewollt). 1
Schade ist in diesem Zusammenhang, dass alles ein wenig so zusammengezimmert ist, dass es am Ende passt. Das ist aber der natürlichste Vorgang der Welt: unser Gehirn findet auch für paradoxestes (Eigen-)Verhalten stets noch eine logische Erklärung, für wüste Thesen noch Begründung.
Wenn dann aber eine Wand - um einen kritischen Text von CDF erlebbar zu machen - in Petersburger Hängung gestaltet wird, ohne auf deren Entstehung hinzuweisen, na ja. Was bei der Kritik daran auch untergeht ist, dass sich zwischen zeitgenössischer Kunst (also 1800 - 1850) z. B. auch Werke des Namensgebers des hiesigen Universitätsklinikum finden. Carl Gustav Carus, klar.
Ansonsten wird der Genuss der Ausstellung wesentlich davon abhängen, zu welcher Zeit man sein Zeitticket bucht. Dieses markiert die Eintrittszeit, und wenn man sich da vielleicht einen Dienstagvormittag oder einen späten Mittwochnachmittag außerhalb der Ferienzeit raussucht, ist das vielleicht ganz entspannt. Daumen hoch auch für die Bereitstellung von Klappstühlen im Eingangsbereich.
Hier noch ein ganz reizendes Werk2, dass sich an der Wand in Petersburger Hängung findet:
Und damit allen einen sonnigen Nachmittag!
Man kann aber auch mal die Kirche im Dorf lassen. Hier geht es ja nicht um Martin Luther, bei dessen letzten Feierlichkeiten einfach mal fast komplett unter den Tisch fiel, dass dessen Werk auch Antisemitismus und Misogynie präsentierte.
Therese Richter (1777-1865), Ein lebender Karpfen von einigen Vegetabilien umgeben (1807)