Mixer Juli 2024: Gossip, Dressing, Poesie
Herr Falschgold
“Den Anschluss nicht zu verlieren” ist eher negativ konotiert, wer soweit zurück liegt, dass er vom Etappensieg nicht mehr träumen muss, läuft Gefahr, vom Besenwagen der Metaphern eingesammelt zu werden.
Wenn ich also aktuell Newsletter sammle, die mir erzählen, was die Jugend so treibt in diesem Internet, kann beim Leser der Gedanke an Mitleid aufkommen: der Herr Falschgold ist abgehängt, der arme Kerl rennt um sein Leben und den diversen Gens hinterher. Das Tolle an unseren unübersichtlichen Zeiten ist jedoch, dass selbst die noch voll im Saft stehenden Generationen nicht mehr hinterherkommen und sich dabei von der gemütlichen Konsumption von Zeitungsartikeln, womit sich ihre Omas und Opas noch die Welt ins Haus geholt haben, über das Lesen von Blogs, dann nur noch Tweets, ihre Aufmerksamkeitsspanne mittlerweile so gründlich kaputtgepostet haben, dass ihr matsches Brain nur noch Videos in Hochkant verarbeiten können und dennoch wissen sie am Ende zu spät was Hawk Tuah ist.
Deshalb ist mein “neuester” Fund vielleicht gerade für diese Generation wertvoll, stammt der Newsletter “Pop Bitch” aus London doch aus einer Zeit als ihre Eltern noch Drogen nahmen. Um 2000 herum begannen die ausgebildeten Journalisten Neil Stevenson and Camilla Wright die etwas unbestätigteren Stories, die sie in ihren Zeitungen nicht ohne Verlust ihre journalistischen Integrität (Huh? What’s that?!) drucken konnten in einem wöchentlichen Newsletter herauszubringen. Das ganze passiert mit einem bis zur Unverständlichkeit verslangten Humor, den zu dekodieren den halben Spaß ausmacht. Stolz hat man dann aus dem gewirr von Spitznamen und Verben, die nicht mal das Urban Dictionary kennt herausgelesen, dass ein Gast von Jerry Seinfeld in seinem Haus in den Hamptons ins Bett geschissen hat, weil er zu viel Ozempic gespritzt hat und das kann man dann an der Bar erzählen und der Abend ist gerettet. Bittebitte, my pleasure!
Irmgard Lumpini
Es ist immer noch schwül, es ist Sommer, und alles, was es besser macht (neben 1000 anderen Sachen) ist: ein frischer scharfer Dip!
1 cup water
1 cup tahini
1 habanero pepper (or ½ if you are scared)
¼ cup lime juice
⅓ cup basil and mint
3 normal sized garlic cloves
Hier kann man selbst als ungelernte Küchenkraft (wie ich eine bin) eigentlich nichts falsch machen, empfohlen wurde es mir hier:
Außerdem gibt es noch 2 Ausstellungen in unserer Stadt, die mich anziehen:
In den Technischen Sammlungen: Dresden – Los Angeles. Von den Kamera-Werkstätten zum Studio City Camera Exchange (bis 18. August)
und
in der Städtischen Galerie am Pirnaischen Platz: Jahrhundertzeugin Irena Rüther-Rabinowicz – auf den Spuren einer jüdischen Künstlerin (bis 18. August).
Anne Findeisen
Poesie zum Sonntag
Ich vermute, wenigstens einmal im Leben kommt jeder in die ungünstige und äußerst nervige Situation, dass ihr oder ihm das Telefon geklaut wird und vor circa einer Woche war es bei mir das erste und hoffentlich letzte Mal soweit. Dabei ist ja der größte Verlust meist gar nicht das Gerät an sich, sondern die darauf gesammelten Daten, Fotos und Kontakte. Auch das ist heutzutage Dank diverser Clouds meist kein Problem mehr und der Großteil ist ohnehin abgespeichert und kann wieder abgerufen bzw. aufs neue Telefon geladen werden. Nicht so erging es mir jedoch mit diversen Notizen, die ich auf meinem Smartphone angelegt hatte. Meine bisherige Leseliste 2024 beispielsweise, aber auch andere kleine Listen mit persönlichen Gedanken und Erinnerungen, Zitaten, sowie mein Dienstplan usw. In Ermangelung von Alternativen aktivierte ich mein altes Smartphone wieder – das glücklicherweise noch in meinem Schreibtisch schlummerte – mit dem ich aufgrund mangelnder SIM Karte zwar nicht viel anfangen konnte, das mir aber zumindest das Gefühl gab, ein wenig mit der Außenwelt kommunizieren zu können. Und siehe da, zumindest die alten Listen fand ich hierauf wieder, darunter auch einige Haiku, eine ursprünglich aus Japan stammende Form der Kurzdichtung. Traditionelle japanische Haiku bestehen aus drei Sätzen, mit fünf Silben in der ersten Zeile, sieben in der zweiten und fünf in der dritten). Davon drei Stück in einer Notiz, die nacheinander gelesen fast wie ein Gedicht klingen und an dieser Stelle, bevor nochmal alles verloren geht, wenigstens einmal das Licht der Welt erblicken sollen. Und damit wünsche ich einen entspannten Sonntag allerseits und gebe noch den guten Rat, dass es nicht schaden kann, hin und wieder ein Notizbuch zu bemühen. :)
Quälende Nächte:
Wenn ich nur schlafen könnte
Und an nichts dächte.
Schlimme Gedanken:
Schwächen den Lebensmut und
Bringen ins Wanken.
Zur Ruhe kommen
Ist in rastlosen Zeiten
Ein Oxymoron.